Zweiter Stolperstein: Die SED will die Ostberliner Großdemo okkupieren

Diese Entwicklung fürchtete die SED und suchte ihrerseits den Ausweg in der Mobilisierung der Straße – in Ostberlin. Wer die Bewegung nicht beherrscht, muss sich draufsetzen, so ähnlich lautete eine tschekistische Regel. Und wo draufsetzen, wenn nicht dort, wo die meisten DDR-Bürger mit SED-Mitgliedsbuch, mit Arbeitsplatz im Partei-, Staats- und Sicherheitsapparat, mit akuter Gefährdung ihres wohligen Lebens in der Sonne der SED-DDR lebten? Entgegen kam der SED der Antrag von Theaterfachleuten von Ostberliner Theatern auf eine Demonstration für eine demokratische DDR vom 17. Oktober 1989. Genehmigt wurde dieser Antrag am 26. Oktober sicher unter dem Eindruck der gewaltig ohne die SED anwachsenden Massendemonstrationen in der gesamten DDR. Ostberlin sozusagen als letzte Chance, Geschichte aufzuhalten.

Offizielle Veranstalter waren »die Künstler der Berliner Theater, der Verband der Bildenden Künstler, der Verband der Film- und Fernsehschaffenden und das Komitee für Unterhaltungskunst« (aus Wikipedia).

Während die landesweiten großen Demonstrationen im Stegreif von Montag zu Montag nahezu selbstorganisatorisch unter illegalen Bedingungen abliefen, wurden in Ostberlin von Antragstellung bis zur Aufführung am 4. November rund drei Wochen benötigt. Dieser Umstand und vor allem Teile des Rednerpersonals dieser Kundgebung sollten wie oben dargestellt, zu denken geben. Ob dies alles tatsächlich ohne die Krake MfS ablief? Ohnehin war der offizielle Tenor dieser Veranstaltung eher von DDR-Erhaltungswünschen geprägt, damit in krassem Gegensatz bspw. zu Leipzig zur gleichen Zeit unter illegalen Bedingungen stehend.

Der zwei Wochen später aus allen medialen Rohren gepustete Aufruf »Für unser Land« ist wohl spätestens an diesem Tag konzeptionell entstanden.

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