Merry Crisis
Merry Crisis

Zitatenfreudige Befragung der Freiheit und Pflicht, die wir leben

 

Dieses Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht ein Gesundsein, sondern ein Gesund werden. Überhaupt nicht ein Wesen, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung, wir sind noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan und geschehen. Es ist aber im Schwang. Es ist nicht das Ende, es ist aber ein Weg.
Martin Luther

Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte, und siehe, die Pflicht war Freude.
Rabindranath Tagore

Die Statue der Freiheit gibt es in allen Formaten und Größen. Die sich um ihre eigene Achse drehende folgt, wie der Deus ex machina oder Niki de Saint Phalles Livesaver, mechanischen Gesetzen. Die stillstehende Freiheitsstatue in New York geht miniaturisiert als Souvenir auf Reisen. Leuchtend, witzig gestaltet, verfremdet, frei interpretiert, blinkend in allen Farben, findet die bewegte und bewegende neue Standorte in den Häusern der Welt. Die Problem- und Idealfiguren der Freiheit und des Kampfes behausen unsere Lichtspielarenen, Realzeitmuseen, Freuden- und Gedankenhäuser. In den Schlachthäusern und auf den Schlachtfeldern der Welt ist »die blutgefärbte Flut (…) entfesselt und überall wird die Zeremonie der Unschuld ertränkt.« (W.B.Yeats, Der jüngste Tag) Traum und Trauma durchtönen das Museum der Imagination (André Malraux). Im Theater der Grausamkeit (Antonin Artaud, Das Theater und sein Double) treffen die antagonistischen Gottheiten unserer ungezählten Tode und Freiheiten im Überlebenskampf aufeinander. In den kulturspezifischen Träumen und televisionären Arenen der Erinnerung gehen die Archetypen des Wohlstandes, Angst-, Denk- und Symbolfiguren auf die Bewusstseinsreise. »Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann.« (Picabia) Bewusstsein ist eine Droge. Das Gedächtnis der Welt ist der Freiheit Unterpfand. Der aufgeklärte Geist ist ein Frühwarnsystem. Märchen, Parabeln, filmische Dramen und die Illuminationen der Kunst sollen nicht verklären, sondern aufklären. Das tut beispielsweise Ray Bradburys Feuerwehrmann Freitag (Fahrenheit 451), der anfänglich im Dienste eines totalitären Staates Bücher verbrennt – Bücher sind dort verboten –, und sich schließlich selbst aufklärt. Er geht in den Widerstand und flüchtet in die verbotene Zone der Freiheit.

R.M.Rilkes Gedicht vom eingesperrten Panther oder Kafkas Affe Rotpeter (Bericht für eine Akademie) sind mahnende Symbole der Sehnsucht der Freiheit nach sich selbst. Tschingis Aitmatows Roman Richtplatz thematisiert die Verantwortung des Menschen für die Natur und für sich selbst. Die Filme Kuss der Spinnenfrau oder Einer flog übers Kuckucksnest führen uns die Permanentszenen der Unterdrückung und Freiheitsberaubung, die zu unrecht Eingesperrten in den Gefängnisses und Nervenheilanstalten vor Augen. Guantanamo. In Orwells Animal Farm hat das Schwein Napoleon das Sagen. Costa Gavras Film Z – Anatomie eines politischen Mordes und Henri Verneuil Film I wie Ikaraus sind Parabeln über die Mechanismen von Machtstrukturen.

Die Freien Künste illustrieren die Anatomie des Leids (Alfred Hrdlicka). Picasso malte Guernica, Stierkampfszenen und die Friedenstaube. Saint Josef Beuys forderte: »Zeigt eure Wunden.« Freiheitskämpfer und kritische Geister der Zivilcourage: Amnesty International, Attac, Friday for Future-Bewegung oder Peta legen die Finger auf die Wunden der Zivilisation. Reporter und Ärzte ohne Grenzen, nicht Albrecht Dürers Betende Hände, heilen die Wunden und setzen dabei ihr Leben aufs Spiel.

Wir erinnern uns: Der Arzt und Organist Albert Schweitzer erbaute ein Spital in Lambarene. Mutter Courage Theresa widmete ihr Leben den Armen, Obdachlosen, Kranken und Sterbenden in Calcutta. Carl von Ossietzky, Herausgeber der Zeitschrift Die Weltbühne wurde im Konzentrationslager Esterwegen Opfer nationalsozialistischer Willkür, der Theologe Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg erhängt. Nelson Mandela verbrachte insgesamt 27 Jahre als politischer Gefangener in Haft. Der vietnamesischer Revolutionär Ho Chi Minh schrieb während seiner politisch motivierten Inhaftierung seine Gedichtesammlung Gefängnistagebücher: »Der Freiheit beraubt, den Herbstmond zu genießen, steigt mein Herz ihm nach auf seinem Weg über den Himmel.« Der Widerstandskämpfer Krzystof Kamil Baczynski, kam mit 23 Jahren ums Leben – höchstwahrscheinlich von der Hand eines deutschen Scharfschützen. Er schreibt in seinem Gedicht Miserere »... Kommend von dem Begräbnis des letzten Menschen / Werfe ich eine Handvoll Luft – eine Lerche – zum Himmel / Und lasse die Erde fallen wie eine Träne über das Weltall.« (Vgl.: H. Schero Liebe tötet – Liebe (h)eilt – Essays) Lew Kopelew schrieb Aufbewahren für alle Zeit!, Alexander Solschenizyn Der Archipel Gulag. Und, genug der Beispiele: Oriana Fallaci beschrieb in ihrer Autobiografie Un uomo ihre Beziehung zu dem griechischen Widerstandskämpfer, Politiker und Dichter Alekos Panagoulis, André Gide in Der Gott, der keiner war, den Verrat der Ideen und der Freiheit durch politische Wahrlügner und ihr System der dogmatischen Einschüchterung.

Die falschen Propheten und Manapersönlichkeiten, die Scheinheiligen der Politik des dogmatischen Wahns, mit ihren verlogenen Pathosformeln, gestern sich als Engel der Freiheit inszenierend, erweisen sich heute als Todesengel. Die Revolutionen der Unterdrückung entließen ihre totgeborenen Kinder. Kindersoldaten kennen keine Freiheit. Sie sind Kinder der Finsternis und Angst, die niemals an Der Küste endloser Welten (Rabindranath Tagore, Gitanjali) spielen durften, niemals »Kinder der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst« (Khalil Gibran Der Prophet) sein durften.

Täglich muss die Liebe zur Freiheit neu geboren werden. Die Freiheit, die wir meinen, die unser Herz erquickt, stärkt die Demokratisierung des Mutes, den Eigensinn der sich selbst referierenden Persönlichkeit. Blinder Gehorsam bedeutet Verlust der Autonomie. Freiheit darf sich in die Pflicht nehmen, selbstkritisches, positives Denken und realistisches Handeln duchtönen.

In den Zeiten der Pandemie, Cholera, der »emotionalen Pest« (Wilhelm Reich) und medialen Verrohung, ist es Pflicht des gesunden Menschenverstandes, sich den Anordnungen des Rechtsstaates dann kritisch entgegenzustellen, wenn die begründete Gefahr besteht, dass dieser mit unangemessenen Verboten und Einschränkungen hart erkämpfte Freiheiten beschneidet. »Freiheit ist politische Macht, geteilt in kleine Stücke.« Thomas Hobbes

Die erkrankte Zivilisation wird nur dann gesunden, wenn sie mit global koordinierten Überlebensstrategien sich selbst und die Umwelt heilt, also die Ursachen ihrer Krisen erkennt, ergo ihre vergifteten Meere der Fruchtbarkeit reinigt, Brunnen, Schulen für alle baut, Armut und Ungerechtigkeiten bekämpft, das Recht auf Leben schützt, Bildung fördert und den Reichtum ohne Gier. In den Worten Pablo Nerudas: »Ich möchte Erde, Feuer, Brot, Mehl, Zucker, Meer, Bücher, Heimat für alle«.

Der Apologet des christlichen Glaubens, Blaise Pascal, bemerkte in seinen Pensées (Gedanken): »Alle Übel rühren daher, das der Mensch nicht in seinem Zimmer bleibt.« Die Selbstverpflichtung, daheim zu bleiben, mag in Zeiten der Krise das Gebot der Stunde sein. »Es gibt keine Pflicht«, bemerkte Hermann Hesse und, »wenn es eine gäbe, dann nur die Pflicht zum Glücklichsein.« Ludwig Markuse vertrat eine andere Ansicht und forderte: » Man muss den Menschen auch das Recht zugestehen, sich unterzuordnen.« In seiner Minima moralia, Reflexionen aus dem beschädigten Leben, kommt Theodor W. Adorno zu anderen Einsichten: »Der Befehl zur Treue, den die Gesellschaft erteilt, ist Mittel zur Unfreiheit, aber nur durch Treue vollbringt Freiheit Insubordination gegen den Befehl der Gesellschaft.«

Das Stanley Milgram-Experiment zur Gehorsamkeitsneigung wies nach, dass Macht in den Händen williger Vollstrecker deren Bereitschaft bedenkenlos Tötungsbefehle auszuführen steigert, sobald die Verantwortung des eigenen Handelns an »höhere« Autoritäten und Instanzen delegiert wird.

Blinder Gehorsam charakterisiert Der Menschen Hörigkeit (William Somerset Maugham) und Die Banalität des Bösen (Hannah Arendt) im »blindgeweinten Jahrhundert«. Pflichtbewusstsein soll Freiheiten gewährleisten, nicht den Untertanengeist. Die Würde des Fragens darf nicht Wie eine Träne im Ozean (Manès Sperber untergehen.) Voreilige Entscheidungen in der Krisenbewältigung müssen hinterfragt werden. Ebenso die gegenwärtig weltweite Coronavirus-Paranoia, die aufgrund der übertriebenen Berichterstattung in den Medien noch verstärkt wurde. Das Nachrichtenfieber (Film mit William Hurt) darf ruhig sinken. Hysterie und Angstmache sind schlechte Ratgeber, das lehrt die Historie.

Die Covid-19-Sars-Corona-Pandemie erschüttert die Welt. Ob diese Krise eine Chance darstellt, das WIRgefühl und den humanistischen Geist der Utopie (Ernst Bloch) neu zu beleben, werden die Bildungs-, Aufklärungs- und Frühwarnsysteme zeigen das Gesundheitswesen der Zukunft. Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer (Francisco de Goya). False Flag Attacks, Aufklärungsflugzeuge und ABC-Waffen stiften keinen Frieden. Die Fluchtperspektiven der politischen Architektur der Freiheit gleichen William Hogarts Zeichnung False Perspektive. (Vgl.: Eugen Gombrich Art and Illusion)

Wie wirklich ist die Wirklichkeit (Paul Watzlawick, Studie über Wahn, Täuschung und Verstehen), die auf der Flucht vor sich selbst die Komplexe ihrer weltweiten Krisenherde verdrängt. Fünfzig Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die Ärmsten der Welt verhungern. Entwicklungshelfer, Friedenskämpfer, Ärzte, Pfleger, zivilcouragierte, engagierte freiwillige Helferinnen und Nichtregierungsorganisationen kommen an ihre Grenzen, Flüchtlinge werden an den Grenzen abgewiesen.

Das Corona-Mantra durchtönt die Charaktermasken der Aufklärer aus Politik, Wissenschaft und Infotainment. »Die Charaktermaske als Begriff der marxistischen Soziologie ist die Bezeichnung für den entfremdeten Menschen im Kapitalismus, der eine Personifikation der ökonomischen Verhältnisse ist.« (Wikipedia)

Zur Zeit scheint es nur noch eine Herausforderung für die Menschheit zu geben. Kriege, Flüchtlingskrise, Hungersnöte, Klimawandel sind erst einmal kein Thema mehr. Informationsindustrie und soziale Netze sind so viral wie noch nie auf ein Thema fokussiert. Schuldzuweisungen und neue Feindbilder haben Hochkultur. Gestern noch stand Amerika vor Gericht (Bertrand Russel, J.P. Sartre, Das Vietnam-Tribunal oder Amerika vor Gericht), heute kündigt der Wahrlügner, der Meister der fakenews, Donald Trump, an, er werde China vor Gericht stellen, sollte sich herausstellen, dass der Corona-Virus aus einem Labor in Wuhan stamme.

In einem Interview sagte Mario Varga Llosa: »Gerade die Krise um das Coronavirus beweist, dass Fortschritt und Diktatur unvereinbar sind. Die chinesischen Ärzte, die als Erste auf die drohende Epidemie aufmerksam gemacht haben, sind festgenommen und zum Schweigen gebracht worden. Darauf konnte sich der Erreger in China wochenlang ungehindert ausbreiten. Die Freiheit ist unteilbar, und wirklichen Fortschritt gibt es nur, wenn innerhalb eines Systems alle Bereiche frei sind. Die Wissenschaft, die Kultur, die Politik, nicht bloß die Ökonomie. Wenn das Coronavirus etwas Gutes hat, könnte es darin bestehen, uns diese Tatsache in Erinnerung zu rufen und das sogenannte chinesische Modell zu entzaubern.«

Der Kommentar des Literatur-Nobelpreisträgers: »Wäre China ein demokratischer Staat, hätte die Krise sich nicht so global entwickelt« ist keine Schuldzuweisung. Vargas Llosa hinterfragt das moralische Selbstverständnis eines totalitären Staates, der weltweit Wirtschaftsspionage betreibt, Menschenrechte verletzt und verantwortungslos die Gefahr der Pandemie unter den Teppich gekehrt hatte. Das Versäumnis einer offenen und ehrlichen Kommunikation der Fakten, das Verzögern der Grenzschließung Chinas ist verantwortungslos gewesen.

Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Trump, die Zahlungen an die WHO einzustellen, ist nicht minder verantwortungslos. Die in China, Russland, Saudi-Arabien, Ägypten und anderen totalitären Staaten gängige Praxis, Kritik an der staatlichen Politik unter Strafe zu stellen, entmündigt die Menschen. Die Pressefreiheit erhält eine Maulkorb-Maske. Die Zeichnung Christus am Kreuz mit Gasmaske untertitelte einst der Künstler George Grosz mit: »Maul halten, weiter dienen.« Dies brachte ihm eine Anklage wegen Blasphemie ein. Das Gericht sprach ihn mit Hinweis auf die ihm zu gewährende künstlerische Freiheit frei. Es darf keine Maskenpflicht für die Freiheit geben, sie bedarf des Schutzes.

 

Der Ausbruch des mutierten Sars-Virus ist Ausdruck einer systemischen Krise der Globalisierung. Sie ist das traurige Ergebnis des kausalen Zusammenhanges von Umweltkrise, Luftverschmutzung, verseuchten Meeren, Waldsterben, Rodung der Regenwälder und Vernichtung natürlicher Lebensräume und korreliert mit dem Anstieg zivilisatorisch bedingter Krankheitsbilder. Die durch den Klimawandel verursachten Tropenkrankheiten Malaria oder Dengueyfiber sind nur Beispiele. Im genannten Kontext sind auch die überwiegend illegalen Manipulationen verschiedener Autohersteller zur Umgehung gesetzlich vorgegebener Grenzwerte für Autoabgase zu nennen, die statistisch nicht erfassten weltweit Erkrankten und Todesfälle infolge der Abgasskandale und des CO2-Anstieges.

Der Raubtierkapitalismus politischer Ökonomie beschert der Welt weiterhin weder Bildung für alle noch Gesundheit noch Brot und Wasser. Menschenleben missachtende Skandale – Contergan, Glykol vergifteter Wein, Glyphosat, Roundup – Breitbandherbizide, verseuchte Felder, Krebs erzeugende Lebensmittelzusätze und todbringende Medikamente aus den Laboratorien der pharmazeutischen Industrie durchtönen den Tod in der Moderne. (Vgl. Cornelia Stolze, Krank durch Medikamente)

Wo es einst blühende Landschaften gab, gibt es nun vergiftete Resourcen, auf Müllhalden lebende Menschen, in Blut getränkten Heimatboden. Verschmutzte Horizonte – schwarzen Regen. Und dort, wo einst Tränen und Schweiß den Boden befruchteten, da haben Landeigner nur die geschichtsträchtigen Fußspuren ihres Machthungers, unsägliche Not hinterlassen. In den Traurigen Tropen (Claude Lévi-Strauss) regnet es Beton und Cocain. Die Politik der Ökonomie (Vgl. George Bataille, Henker und Opfer) hat die gewaltsame Kolonalisierung und Inbesitznahme, Landraub, Aneignung von Kultur- und Bodenschätzen, Wahlfälschungen und Umstürze zu verantworten: Krieg schürende Waffentransporte, den Giftgasskandal in Bhopal, verbrannte Gotteshäuser in Baltimore, Bürger-, Stellvertreter- und Rohstoffkriege, Hungersnöte, Rede- u. Bildungsverbote, menschenverachtende Diskriminierung, Genozide, Autodafés.

Der prosperierende weltweite Waffenhandel, der Kriege als kapitalistisches Geschäftsmodell nutzt, charakterisiert die Erziehung nach Auschwitz (Adorno) und den Wahnsinn der Normalität (A. Gruen). Totgesparte Gesundheitssysteme, marode sanitäre Anlagen in Schulen, steigende Rüstungsausgaben statt Entwicklungshilfe sind die Indikatoren menschlicher Irrtümer und politischer Verantwortungslosigkeit.

Die Idee des permanenten Wachstums muss radikal infrage gestellt werden. Die verwundete Zivilisation hofft auf ein Wunder. Doch sie mehrt ihre Wunden. Statt einer weltweit geeinten Krisenstrategie und objektiver Datenvermittlung steht, mit und ohne Computerviren, der Kampf der Daten- und Aufklärungssysteme, der Egoismus der Nationen und Einzelinteressen im Vordergrund.

Das Gebot der Stunde ist die Erlassung der Schulden aller verarmten Länder. Warum erhalten in den reichen Ländern Großunternehmen staatliche Hilfe in Milliardenhöhe, während die Entwicklungsländer außerhalb Europas nichts erhalten?! Sie dürfen den Giftmüll der Überflussgesellschaften entsorgen und sich ausbeuten lassen. Und sobald der Impfstoff gegen den Coranavirus auf den Markt kommen wird, werden die Ärmsten ihn sich nicht leisten können.

Der politische Zynismus gipfelt darin, dass als Soforthilfe fünf mal zehn kleine Flüchtlingskinder von den griechischen Inseln nach Deutschland eingeflogen wurden. Diese humanitäre Geste ist unwürdig und beschämt eines der wohlhabendsten Länder der Erde.

Werden wir gestärkt aus der Krise herausgehen? Die »freie« Marktwirtschaft sicherlich. Insolvenzen, soziale Systemabstürze und Wettbewerbsrisiken gehören zum Geschäft des Kapitalismus. Er hat jede Banken- und Weltwirtschaftskrise genutzt, die Reichen noch reicher zu machen. Wer die Wahl hat, dem wird eben nicht immer erlaubt, die Freiheit zu wählen.

Werden wir etwas gelernt haben? Das ist unwahrscheinlich, denn dies setzte voraus, dass die Bildungsinstanzen und Systeme wissenschaftlich-politischer Macht sich von den Dogmen des Fortschritts, von den Permanentszenen der Korruption und Traditionen konditionierter, »erlernter Hilflosigkeit« (Martin E. P. Seligman) befreien würden.

Die Angst vor dem unsichtbaren Feind schränkt weltweit hart erkämpfte Freiheitsrechte durch technische Überwachungsprofile und personalisiertes Monitoring ein. Daten- und Virusschutz müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Es muss gestzlich verankert sein, dass die anonymisierte Corona-App zum Nachweis von Infektionsketten sich selbst löscht, wenn sie nicht mehr benötigt wird.

Gesundheitsschutz ist verpflichtet, sich mit dem Erhalt der Freiheit zu vereinbaren. Die Einschränkung der Versammlungsfreiheit und der persönlichen Freiheitsrechte im Namen des höheren Ziels, die Krise zu bewältigen, stellt weltweit die Demokratien auf den Prüfstand. Verfassungswidrige Zwangsermächtigungen lähmen den Freiheitsstaat. Ausgehverbote, so sinnvoll sie erscheinen, sperren auch den zivilen Ungehorsam aus.

Was also sollen wir, was darf der Staat tun? Die Instrumentalisierung der KRISE zum Zwecke der Aushöhlung der Rechtstaatlichkeit und Grundwerte, wie das Beispiel Ungarn und das Ermächtigungsgesetz seines Präsidenten Viktor Orbán zeigt, zensiert die individuelle Willensbildung, die Presse-und Meinungsfreiheit und die »Freiheit der Andersdenkenden« (Rosa Luxemburg).

Die Marketingstrategen der Aufmerksamkeitsökonomie und Bewusstseinsindustrie vermarkten die Angst vor der Krise. Pharmakonzerne, Streamingdienste und Online-Giganten werden die Krisengewinner sein.

Noch nie waren Masken so rar und wertvoll wie heute. Hightech-Masken, Apps genannt, sollen präventive Aufklärung einleiten. Wer aber kontrolliert die Kontrolleure? Es gibt keine geschützten Daten ohne Offenlegung ihres Quellcodes. Der Datenmissbrauch der Datenmonopolisten, die nichts mehr hassen als Daten-Leaks, ist mit Hinblick auf den fünf Jahre zurückliegenden NSA-Skandal sehr wahrscheinlich.

Big brother is watching us: Die totale Überwachung, wie sie in China, Nodkorea, ..., praktiziert wird, könnte sich jetzt im Namen des Gesundheitsschutzes weltweit ausbreiten. Die Gedanken in totalitären Staaten sind nicht frei. Verblendungszusammenhänge durchtönen die Masken des rasenden Stillstandes (Paul Virilio). In ihm stellt sich »Aktualität als gezielte Desinformation aus den Konsensfabriken« (Noam Chomsky, Media Control) dar. Die massenpsychologische Impfung durch die Geheimen Verführer (Vance Palart, Hidden Persuaders) öffnet Blendung (Elias Canetti) und Fälschung (Nicolas Born) Tür und Tor. Information ist noch nicht Wissen. Fakten und Daten müssen evidenzbasiert sein, einer faktorenanalytischen Überprüfung standhalten. Verschwörungstheoretiker und Unheilspropheten, die behaupten, die globale Corona-Krise sei ein großangelegter Versuch, die Selbstbestimmung der Menschen mittels Überwachung und eingeschränkter Grundrechte auszuhebeln, sind aberwitzig. Wasser auf den Mühlen der Populisten.

Die hausgemachten Krisen des Fortschrittes offenbaren die Grenzen des Wachstums (Studie des Club of Rom) und figurieren den Mensch als Problem (Gabriel Marcel). Artur Koestler sprach vom Menschen als Irrläufer der Evolution, Oswald Sprengler prophezeite den Untergang des Abendlandes. Dazu ist es nicht gekommen, und auch nicht zum »Krieg aller gegen alle« (Thomas Hobbes, Leviathan).

Der Umgang mit den Krisen der Welt – das Krisenmanagement aller Verantwortlichen – kann nur angemessen sein, wenn politisches Handel den Grundgesetzen der Ethik und Freiheit verpflichtet bleibt. Und die Forschung und Bildung des wissenschaftlichen Geistes (Gaston Bachelard) nicht von Lobbyistenverbänden und den Weißwäschern der Geschichte bestimmt wird. Folglich also Wahrheit, Geld und Geltung – »die symbolisch generalisierten Kommunikationsmittel« (Niklas Luhmann, Systemtheorie) eine neue Qualität der Aufklärung und des Miteinanders generieren.Wir sind Utopia (Stefan Andres)!? Wir tragen die Verantwortung. Wir wollen heilen, befreien, die offene Gesellschaft stärken, nicht ihre Feinde.

Herbert Schero, April 2020

 

Herbert Schero: Buch der TräumeHerbert Schero: Buch der Träume

 

(www.schero.de)

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