Werner Drossard
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Selbstbehauptung: das Überleben
sprachlicher Minoritäten


Nicht nur Pflanzen- und Tierarten sterben aus, auch Sprachen. In den letzten 25 Jahren ist die Sensibilität und Sensibilisierung für die Bedrohung und den Tod von Sprachen gewachsen. Die Involvierten sind die betroffenen Mitglieder bestimmter Ethnien, Regierungen und die mit den Sprachen konfrontierten Linguisten sowie Anthropologen. Dabei ist es nicht selbstverständlich, dass die Betroffenen selbst IMMER bemerken, dass ihre Sprachen moribund sind. In einigen Fällen kommt ein Anstoß von außen, vonseiten der Linguistik. Gerade deren Vertreter haben in letzter Zeit in verschiedenen Statistiken auf die »sprachliche Weltlage« hingewiesen. Dabei ergibt sich folgendes Bild (vgl. Noonan 2006:351):

Wenn man davon ausgeht, dass momentan etwa 5000 - 6000 Sprachen auf dem Globus zu verzeichnen sind, dann
a) verteilen sich 50% der Menschheit auf 10 Sprachen (Chinesisch, Englisch etc.),
b) werden etwa 3600 Sprachen von weniger als 10.000 Personen und
c) etwa 1800 Sprachen von weniger als 1000 Personen gesprochen.

Allgemein wird vermutet, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in pessimistischer Schätzung etwa 95% der Sprachen vom Aussterben bedroht sind, ›optimistischere‹ Annahmen gehen von 60 bis 70% aus. Es erübrigt sich fast festzustellen, dass die unter c), aber auch b), einzuordnenden Sprachen davon zuerst betroffen sein werden.

Betrachtet man diese Situation unter dem Aspekt der Dokumentation, und hier ausschnittsweise nur unter dem Blickwinkel der Erfassung von Sprachen in Grammatiken (also unter Ausklammerung von einfacheren Unterrichtsmaterialien u.ä.) , dann ergibt sich folgende Situation (Noonan 2006: 352):

a) Für etwa 10 % liegen (aus der Sicht der Fachleute) akzeptable Grammatiken, Wörterbücher und Textsammlungen vor.
b) Kurzgrammatiken (von teilweise schlechter Qualität) erfassen ungefähr 30% der Sprachen.
c) Rudimentäre Daten (etwa Wortlisten, Satzsammlungen etc.) sind für etwa 40% Sprachen vorhanden.
d) Spärliche Wortlisten gibt es für etwa 20 % aller Sprachen.

Streng genommen bedeutet dies, dass in den Augen besorgter Linguisten, wenn man c) und d) zusammennimmt, etwa ein zwei Drittel der Sprachen unzureichend dokumentiert sind. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass verschiedene Institutionen zur Sprachdokumentation bedrohter Sprachen eingerichtet wurden (siehe Bibliographie), man kann sogar sagen, dass innerhalb der Linguistik SPRACHDOKUMENTATION als neue Unterdisziplin entstanden ist. Das aber ist nur die eine Seite der Medaille: Betrachtet man die vor Ort tätigen Linguisten aus der Sicht der betroffenen (immer weniger werdenden) Sprecher, dann sind die Fachleute willkommene ›Katalysatoren‹, die einzelne Ethnien bei der Rettung ihrer Sprachen unterstützen können, der Hauptanschub aber muss, so ist man sich einig, von den Betroffenen selbst kommen. Bevor jedoch das Hauptaugenmerk auf diese Facette im Überlebenskampf der Sprachen gerichtet werden soll, muss einiges zu den Szenarien der Sprachbedrohung im allgemeinen gesagt werden.

Sprachbedrohung

Neben einer Vielzahl von Einzelpublikationen (siehe Bibliographie) ist hier zunächst der Bericht einer UNESCO-Arbeitsgruppe von 2003 zu nennen, in dem neun Faktoren herausgearbeitet wurden, die eine maßgebliche Rolle bei der Bedrohung von Sprachen spielen (vgl. Brenzinger 2007: x-xi):

1: die Weitergabe einer Sprache durch die ältere Generation an die jüngere (Transmission)
2: die aktuelle Sprecherzahlen
3: der prozentuale Anteil der Sprecher innerhalb einer Gesamtbevölkerung
4: der Rückzug des Sprachgebrauchs aus verschiedenen Lebensbereichen (Domänen)
5: die Rolle der Medien
6: das Vorhandensein von Unterrichtsmaterialien und das Vorhandensein von Schriftlichkeit
7: die Position und die Politik seitens des Staates und seiner Behörden
8: die Einstellung der Sprecher zu ihrer Sprache
9: die Dokumentationslage (Grammatiken, Wörterbücher etc.)

Bei Tsunoda (2006) findet man ebenfalls einen umfassenden Überblick über die Hintergründe der Sprachbedrohung. Zu den neun UNESCO-Kriterien kommen dann noch hinzu: die Vertreibung einer Ethnie, Umsiedelung und Isolierung, Vermischung von Bevölkerungsgruppen, Urbanisierung und ökonomische Faktoren. Dazu auch GRENOBLE/WHALEY 1998.

Die Prozesse, die »von innen« eine »schleichende« Bedrohung herbeiführen, lassen sich aufgrund der sog. Domänenverteilung (UNESCO-Kriterium 4) erläutern. Domänen sind die Schauplätze des Sprachgebrauchs: Familie, Schule, Arbeitsplatz, Brauchtum, Ritus, Religion etc. Sprachbedrohung kann unter diesem Blickwinkel daran festgemacht werden, in welchem Maße sich z.B. in einer zweisprachigen Situation (z.B. Englisch + Indianersprache in den USA, Spanisch + Indianersprache in Mittel-und Südamerika etc.) die »von außen« kommende Sprache (Englisch, Spanisch) in den einzelnen Domänen allmählich durchsetzt. Himmelmann (zitiert nach Seifart 2000:13) definiert Sprachbedrohen eben in diesem Zusammenhang als »rapid decline in the number and quality of domains in which a language is used«. Somit sind hier im Prinzip vielfältige Möglichkeiten zu beobachten, von größter Bedeutung aber ist die am nächsten liegende Variante (UNESCO-Kriterium 1): Wenn innerhalb der Familie die ältere Generation nicht mehr die in Frage kommende Muttersprache an die jüngere weitergibt, kann das Aussterben der Sprache sehr schnell eintreten – und gerade dieses Damoklesschwert schwebt über sehr vielen Sprachminoritäten. Sasse (1992) erörtert die hier relevanten Vorgänge detailliert am Beispiel des Gälischen und der albanischen Varietät Arvanitica in Griechenland. In beiden Fällen herrscht(e) eine diglossische Situation vor, mit einer bedrohenden Sprache (Englisch, Griechisch) und einer bedrohten Sprache (Gälisch, Albanisch). Der Autor setzt für die Erklärung der komplizierten Interaktionen der involvierten Sprachen drei Ebenen an: a) external setting (ES) mit kulturellen, soziologischen und historischen Faktoren, b) speech behavior (SB), d.h. Domänenverteilung und c) structural consequences (SC), der Wandel in Phonologie, Syntax, Morphologie und Lexikon. Im Rahmen der zur Diskussion stehenden diglossischen Situationen ist aufgrund historischer Ereignisse (ES – Ebene) eine komplementäre Domänenverteilung (SB) erfolgt, wobei die bedrohten Sprachen jeweils nur in eingeschränkter Weise benutzt wurden. Die dominierenden Sprachen haben besonders im lexikalischen Bereich den bedrohten Sprachen ihren Stempel aufgedrückt, wobei der Effekt resultierte, dass die Sprecher nolens violens die intrudierenden Sprachen für leistungsfähiger hielten und somit ihre Erstsprachen negativ einschätzten, was im Endeffekt zu einem Sprachenwechsel führte.

In diesem Zusammenhang haben weiterhin andere Linguisten, vor allem Krauss (2007: 1ff), abgestufte Indizes für Bedrohtheit entwickelt, die dann in der umfangreichen Publikation von Brenzinger (2007) durchgängig verwendet werden:

Sprachen sind schon minimal gefährdet, wenn nur noch einige Kinder die Sprache sprechen (Index a). Wenn nur noch die Eltern die Erstsprache pflegen, ist die Sprache bereits bedroht (Index b). Wenn es nur noch die Großeltern betrifft, ist die Bedrohung bereits als ernsthaft zu bezeichnen (Index c). Eine kritische Situation liegt vor, wenn nur noch wenige Sprecher einer Ethnie die Sprache beherrschen. Das heißt: Es ist in der Tat kein Einzelfall, dass sich aus völkerkundlicher Perspektive für eine Ethnie eine Mitgliederzahl von 5000 ergibt, eine linguistische Betrachtung jedoch zu dem Ergebnis führt, dass nur 2 % davon die eigentliche Erstsprache dieser Ethnie verwenden (Index d).

Bei Brenzinger (2007) finden sich 16 Aufsätze, die die Sprachbedrohung auf allen Kontinenten erfassen. Die Einzelstatistiken beinhalten, meist auf der Basis der Indizes von Krauss, Informationen zum Bedrohtheitsstatus, Angaben über die Weitergabe von Generation zu Generation, die schulische Situation, die Dokumentationslage und die Umstände, die ein field work, d.h. die Arbeit von Linguisten vor Ort ermöglichen oder nicht.

Bedrohende (=dominierende) Sprachen

In den vorausgehenden Erläuterungen kam bereits zur Sprache, dass dominierende Sprachen wie Englisch oder Spanisch Minoritätensprachen unterdrücken oder zu deren gänzlichem Verschwinden beitragen. Das Gleiche gilt für Chinesisch, das im gesamten geographischen Raum der Volksrepublik China Dutzende kleiner Sprachen verdrängt, oder das Russische, das auf dem Gebiet der GUS und der alten inzwischen selbstständigen ehemaligen Sowjetrepubliken einen übermächtigen Einfluss hat. Eine weitere Nuance in diesen Bedrohungsszenarien ergibt sich, wenn eine überregionale Verkehrssprache (= lingua franca) sich weiter verbreitet und schließlich den Status einer offiziellen Sprache erhält. So hat das in Ostafrika weit verbreitete Swahili 2005 in Uganda offiziellen Status bekommen, was dazu beiträgt, dass nunmehr kleinere Sprachen, noch stärker als vorher, nicht nur durch das Englische, sondern auch durch das Swahili verdrängt werden. Mit der Ausbreitung des Islam ist in Westafrika die Zahl der Hausasprecher deutlich angewachsen. Obwohl dies nicht durchgängig dazu geführt hat, dass die Einzelstaaten automatisch dieser Sprache offiziellen Status zugesprochen haben, so gilt doch, dass kleinere Sprachen wie Bade, Dulbu, Dyarim, Fyem, Gura, Gurdu, Gyem, Kona und Reshe dem Hausa weichen: Es findet ein language shift statt.

Eine kuriose Konstellation hat sich in den letzten Jahren in Kenia ergeben. Dieses Land gilt als Vielvölker- und damit als ›Vielsprachenstaat‹, zumal sich hier die Vertreter unterschiedlicher Sprachfamilien konzentrieren (Nilotisch, Kuschitisch, Bantu etc.). Infolge der Globalisierung hat sich besonders in den größeren Städten bei der jüngeren Generation eine Mischsprache aus Swahili, Kikuyu, Englisch und anderen Elementen ergeben: Sheng, von der Bezeichnung her eine Verschmelzung von Swahili und Englisch. Dieser ›kreolische‹ Sprachmix ist auf dem besten Weg zu einem Pidgin, das – wenn die Eltern ihre Kinder irgendwann nicht mehr verstehen und es ihnen auch nicht mehr gelingen sollte, sie zu einem ›sauberen‹ Swahili zurückzuführen - eine Eigenständigkeit als »Muttersprachenpidgin« erlangen könnte. Dann allerdings würde diese Sprachform (als »von unten« zusammengewachsene Variante) die autochtonen Sprachen verdrängen, ein REALES Szenario, das an eine IMAGINIERTE Sprachform in Ridley Scotts Film Bladerunner (als Adaption von Philip K. Dicks Roman Do Androids dream of electric sheep) erinnert: In einem nicht sehr weit in der Zukunft liegenden Los Angeles wird Cityspeak gesprochen, eine kuriose Mischung aus Spanisch, Französisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Ungarisch und Japanisch. Offensichtlich hat die Realität die Fiktion eingeholt.

Und ein weiterer Gedanke drängt sich auf. Eine kleine Zahl von Linguisten bemüht sich seit Jahrzehnten, die momentan noch zu beobachtende Diversität der Sprachen über den Weg ständiger Rekonstruktion und Reduktion auf immer weniger Sprachstämme, teilweise durch das Ansetzen abenteuerlich anmutender Urformen für bisher getrennte Sprachfamilien, auf acht, dann vier Sprachfamilien und dann EINE Ursprache in ferner Vergangenheit zurückzuführen. In der entgegengesetzten Richtung zeichnet sich für die Zukunft, freilich auf eine ganz andere Weise, eine Konvergenz auf wenige Sprachen ab, vielleicht sogar auf EINE Weltsprache. Aber zurück zum Thema.

Sprache, Identität und Sprachpolitik

Die Äußerungen von Repräsentanten bedrohter Sprachen zu ihrer linguistischen Situation kreisen im Grunde um ein zentrale Thematik: Mit dem Verlust der Sprache stirbt alles, was zur Identität der Sprachgemeinschaft beiträgt – die Tradition der Ahnen, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe, das kulturelle Erbe, das Selbstwertgefühl, politische Souveränität. Gerade aus diesem Grund wird verständlich, warum nicht wenige Staaten ihre sprachlichen und damit auch u. U. politischen Minderheiten unterdrückt haben bzw. unterdrücken. Ein Beispiel soll genügen: Arnold (2001) schildert den langen und beschwerlichen Weg, den die Vertreter der sprachlichen Minderheiten in den USA gehen mussten, bis ihnen 1992 per Unterschrift des damaligen Präsidenten Georg Bush sen. im Native American Language Act mit dem Titel »To Help Assure the Survival and Continuing Vitality of Native American Languages« in gewissem Sinne grünes Licht für eine ungehindertere Aktivität bei der Revitalisierung ihrer Sprachen erteilt wurde – was eben bedeutet, dass ›vorher‹ durchaus zahlreiche Hindernisse bestanden, insbesondere die Weigerung seitens der Behörden, Schulunterricht in Indianersprachen zuzulassen. Eine der wichtigsten Etappen beim Kampf um Anerkennung im internationalen Rahmen war die 1996 in Barcelona durchgeführte Conference on Linguistic Rights, deren Ergebnisse 1998 in Buch- und Internetformat publiziert wurden. Tsunoda (2006: 144) zitiert in Ausschnitten sieben Artikel. So heißt es in Artikel 3, der die Rechte des Individuums betrifft:

This declaration considers the following to be inalienable personal rights
which may be exercised in any situation:
the right to be recognized as a member of a language community
the right to use of one's own language both and private and in public

Zu den Rechten von Sprachgemeinschaften heißt es:

the collective rights of language groups may include the following
the right for their own language and culture to be taught
the right of access to cultural services
the right to an equitable presence of their language and culture in the communication media
the right to receive attention in their own language from government
bodies and in socioeconomic relations

Die Artikel 23 bis 30 behandeln Fragen der Edukation. In Kurzform ist die Rede davon, dass
– alle Sprachgemeinschaften Zugang zu allen Bildungseinrichtungen bekommen
– die Ausbildung in Vorschulen, Schulen und Hochschulen unterstützend bei der Erhaltung von Minoritätensprachen ausgerichtet sein sollte
– alle Sprachgemeinschaften über die Entscheidungsfreiheit über den Gebrauch ihrer Sprache in allen Domänen verfügen
– den Sprachgemeinschaften alle dazu nötigen Ressourcen und Mittel zugänglich sind.

Der brisanteste Artikel (No. 15) formuliert schließlich:

All language communities are entitled to the official use of their language within their territory.

Tsunoda selbst (2006:145) formuliert den möglicherweise auch beim Leser aufkommenden naheliegendenden Verdacht: Gemessen an der Zahl der Minderheitensprachen auf dem gesamten Globus hier mit Bedauern festzustellen, dass sich kaum eine Regierung um diesen Artikel schert (außer der neuseeländischen, siehe unten), obwohl durchaus andere Teile der Resolutionen realisiert sind oder werden.

Revitalisierungsstrategien

In der Fachliteratur wurden zahlreiche Überlegungen und Vorschläge, Pläne und Programme erläutert, die z.T. erfolgreich durchgeführt wurden.

Fishman (1991) hat acht Schritte zur Rettung bedrohter Sprachen, besser: Schritte zur Antizipation eines Sprachwechsels von der bedrohten Erstsprache zur dominanten Zweit- ( in vielen Fällen: Staatsprache) vorgeschlagen. Wir beschränken uns auf die wesentlichen Punkte:

a) Die Sprachgemeinschaft muss ihre Situation analysieren: Wie viele Sprecher gibt es, welchen Altersstufen gehören diese an, wie stehen die Sprecher zu ihrer eigenen Sprache?

b) Wenn die Sprache nur noch über ältere Sprecher verfügt, so sollte deren Sprache sogleich dokumentiert werden, um Unterrichtsmaterialen daraus zu entwickeln.

c) Man sollte die älteren Sprecher dazu ausbilden, die jüngeren zunächst per Zweitsprache in die Muttersprache einzuführen, dann in einen einsprachigen Erstsprachenunterricht übergehen.

d) Die bedrohte Erstsprache sollte gleichermaßen auch in der Familie wieder in den Mittelpunkt rücken.

e) Weitere Domänen sollten zurückerobert, die eigene Sprache wieder als Kommunikationsmittel in Lokalregierungen und in den Medien eingesetzt werden.

Tsunoda (2006: 200) gibt eine Synopse über die Strategien und Methoden zur Revitalisierung, die z.T. die Vorschläge von Fishman (1991) konkretisieren: Diese umfassen u.a.

a) die »Immersionsmethode«, bei der die Schüler NUR mit der Erstsprache konfrontiert werden

b) die »Nachbarschaftsmethode«, bei der mehrere Familien einer Sprachgemeinschaft in einem Teil einer Ansiedlung (Dorf, Stadt) quasi in einer Enklave inmitten einer anderen Sprachgemeinschaft leben und darin NUR in ihrer Erstsprache kommunizieren

c) die »master-apprentice«-Methode, die für die Revitalisierung kalifornischer Indianersprachen entwickelt wurde (hier wird in der Interaktion von EINEM Lehrer und EINEM Schüler unterrichtet)

e) »Konferenzschaltungen«, die aufgrund großer geographischer Distanzen über Telefon, über Radio oder Internet abgewickelt werden (z.B. in Alaska).

Ein globaler Überblick

SELBSTBEHAUPTUNG sprachlicher Minoritäten fußt auf dem Engagement der Sprecher selbst. Anders ausgedrückt: Trotz einer großen Zahl von Linguisten, die »von außen« positiv eingreifen könnten, ist festzuhalten: es gibt mehr »arm chair«-Linguisten als solche, die in z.T. unzugänglichen Weltgegenden tätig werden, und, was noch wichtiger ist: Die Zahl der Fachleute, die sich durch die Bedrohung von Sprachen ernsthaft betroffen fühlten, beträgt bei weitem nicht 100%. Also sollte man sich wieder der Rolle der Sprecher bedrohter Sprachen zuwenden.

Ein erster allgemeiner Überblick, der sich aus einem Vergleich der Informationen zu den 16 Weltzonen (in den 16 Aufsätzen bei Brenzinger 2007) ergibt, liefert ein erstaunliches, nicht unbedingt zu erwartendes Ergebnis. Man könnte sich fragen, welche Rolle das UNESCO-Kriterium 8 spielt. Sollte man nicht, auch im Rückbezug auf das Kapitel zur Bedeutung der Sprache für die Identität einer Ethnie, durchweg annehmen, dass Sprecher ihrer Sprache immer positiv gegenüberstehen? Die Daten zu 70 Sprachen Ostafrikas (Brenzinger 2007, Kapitel 9 des von ihm herausgegeben Sammelbandes) zeigen, dass die Sprecher von 15 Sprachen eine NEGATIVE Einstellung zu ihrer Sprache haben, was, neben anderen Faktoren, bedeuten kann, dass ein Sprachwechsel stattgefunden hat oder droht.

In den allermeisten Fällen ist jedoch eine positive Einstellung zu verzeichnen. Eine Fokussierung auf das UNECSO -Kriterium 1 ergibt u.a. folgendes Bild:

Für den Sprachraum Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Paraguay, Chile und Argentinien führt Adelaar (2007: 9 ff.) etwa 75 Sprachen an, bei denen in 15 Fällen keine Transmission, also Weitergabe der Sprache von Alt auf Jung mehr stattfindet. In diesen Fällen wird das Spanische die Oberhand gewinnen. Wenn auch der Umfang der Ethnie zudem schrumpft, kann irgendwann ohnehin keine Weitergabe mehr erfolgen. Die Sprachen sind moribund.

Das Beispiel ostkaukasischer Sprachen in Daghestan gibt ebenfalls Anlass zur Besorgnis. Kazakevich und Kibrik (2007: 233) wissen zu berichten, dass es für diese Sprachen (etwa an die 30) keinen Schuluntericht in den jeweiligen Sprachen gibt: also dringt hier das Russische ein, in Einzelfällen auch die größere Lokalsprache, das Aserbajdschanische, eine Turksprache.

Die Situation in Papua-Neuguinea erscheint am aussichtslosesten. Zwar gibt es immer wieder positive Einzelfälle, z.B. das Erscheinen einer Grammatik, aber man sollte berücksichtigen, dass auf dieser Insel um die 700 Sprachen existieren. Erschwert wird die Dokumentation, geschweige denn Rettung all dieser Sprachen z.T. durch die Politik Indonesiens im Westteil (Irian-Jaya): Linguisten wird die Arbeit vor Ort nicht selten verboten. Zum anderen wehren sich einzelne Stämme gegen Eindringlinge von außen. Obwohl in vielen Teilen der Welt von einem negativen Einfluss der »bedrohenden« Sprachen auszugehen ist, hat die Verbreitung des Neuguinea-Pidgin, des Tok Pisin, doch einen positiven Nebeneffekt, da die Kinder (mit sehr unterschiedlichen Erstsprachen) aus überschaubaren Regionen in Schulen zusammengeführt und dort unterrichtet werden. Also: Schulausbildung ist vorhanden, wenn auch nur in Tok Pisin.

Statistisch betrachtet stehen die Papuasprachen bzgl. ihrer Anzahl an dritter Stelle hinter dem Austronesischen und dem Niger-Kongo. Das Austronesische, das zwischen Madagaskar und den Osterinseln verbreitet ist, also hauptsächlich über die gesamten Pazifikinseln und in Randbereichen Papua-Neuguineas umfasst um die 1000 Sprachen. Aus den Übersichten von Wurm und Tyron (in Brenzinger 2007: Kap. 16 und 17) gewinnt man ebenfalls einen ernüchternden Eindruck. Prognosen besagen, dass ein Großteil der Untergruppe der sog. oceanic languages in den nächsten 50 Jahren verschwinden wird. Wie in den USA, so gibt es hier trotz allem lokale Kommitees, die sich die Erhaltung und Rettung ihrer Sprachen aufs Panier geschrieben haben. Hervorzuheben sind die Aktivitäten auf Vanuatu, wo seit 1980 vieles für die Dokumention von etwa 100 Sprachen und deren Kultur unternommen wird, seit etwa 15 Jahren auch computergestützt.

Zur Situation in Indianersprachen der USA

Yamamoto (2007: 87 ff.) führt Daten zu 67 Indianersprachen auf dem Territorium der USA an. Es zeigt sich, dass in 45 Fällen, also fast 70%, Spracherhaltungsprogramme bestehen und Schulunterricht in den Erstsprachen erfolgt.Der Autor geht dabei en passant auf die Rolle externer Linguisten ein. Deren Mithilfe erfolgt auf zweierlei Weise: »linguistics at a distance« oder »linguistics on the spot«. Im ersteren Fall ist abgesehen von Einzelaktivitäten seitens Spezialisten vor allem der »Dachverband« zu nennen, das American Indian Language Development Institute (AILDI), das seit 1978 Lehrerausbildung durchführt und über die Grenzen der USA bis nach Brasilien und Venezuela hineinwirkt.

Neuseeland: Maori

Während man z. B. Bei den oben genannten 67 Indianersprachen (mit Ausnahme des Navaho) von geringen Sprecherzahlen ausgehen muss (einige 100 jeweils im Durchschnitt), registriert ein Zensus von 1996 eine Zahl von etwa 150.000 Maorisprechern, wobei diese ungefähr ein Drittel der Maoribevölkerung ausmachen. Das heißt: etwa 300.000 Angehörige dieser Ethnie sprechen im Grunde nur Englisch, so dass hier Revitalisierung schlichtweg bedeutet, dass dieses Gros für die Muttersprache zurückgewonnen werden soll. Dabei ist, im Gegensatz zu vielen anderen Fällen, positiv zu vermerken, dass Maori seit 1987 als offizielle Sprache in Neuseeland anerkannt ist. Im Laufe der letzten 30 Jahre wuchs die Zahl von Zentren zur Verbreitung und zum Unterricht der Sprache auf rund 600, wobei verschiedene Unterrichtsformen angeboten werden, einsprachig wie zweisprachig. Die Fortschritte, die Sprache wieder ›hochzupäppeln‹, sind dabei nicht zuletzt auf die Infrastruktur und die technischen Möglichkeiten zurückzuführen: es gibt eine spezielle Universität und es gibt Radio- und Fernsehsendungen, vieles läuft über das Internet. Die Aussichten zur Selbstbehauptung stehen hier sehr gut.

Mittelamerika: Guatemala und Mexiko

Nora C. England, eine amerikanische Linguistin, die einige Jahrzehnte als »Katalysatorin« zum Erhalt mittelamerikanischer Indianersprachen beigetragen hat, schildert in zwei Aufsätzen die Situation in Guatemala. Hier ist zuerst zu erwähnen, dass schon seit den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts vieles daran gesetzt wurde, Einheimische linguistisch zu schulen, sei es vor Ort oder in amerikanischen Universitäten. Zwei Projekte mit den Kürzeln PLFM (Proyecto Linguistico Francisco Marroquin), 1970 vom amerikanischen Linguisten T. Kaufman gegründet, und OKMA (Oxlaajuuj Keej Maya' Ajtz'iib'), 1990 von N. England gegründet, sind vor allem zu nennen, da in ihrem Fahrwasser zwischen 1993 und 2005 (so England 2007: 98) zu verschiedenen Maya-Varianten eine stolze Zahl von Publikationen von EINHEIMISCHEN produziert wurde, die wir hier in voller Länge nennen wollen:

1 allgemeine Einführung in die Mayasprachen, 6 pädagogische Grammatiken, 7 Kurzgrammatiken, 5 »normative Grammatiken«, 5 Referenzgrammatiken, 6 Dialektstudien, 1 vergleichendes Vokabular Maya- Varianten, 1 CD-ROM- Kurs zu Übersetzungsproblemen, 7 weitere Standardwerke zur grammatischen Fragen, 7 Textsammlungen, 1 CD- ROM zu einem Maya- Sprachkurs

Diese beeindruckenden Leistungen geben Anlass zu größeren Erwartungen. Wie England hofft, so kann diese Situation durchaus in eine linguistische Autarkie münden, bei der die Unterstützung von außen letztendlich entbehrlich wird. »My role is definitely shrinking, as it should«.(2007:112)

Die Aktivitäten in Mexiko stehen kaum denen in Guatemala nach, die Zahl der mit dem Erhalt von bedrohten Sprachen betrauten Institutionen ist sogar um einiges höher. Grinevald (2007: 60 ff) listet deren 12 auf, die sich verstärkt für die Ausbildung einheimischer Studenten, Forschungsprojekte und Dokumentationsvorhaben engagieren.

Trotz dieser durchaus positiven Tendenzen muss dennoch festgehalten werden, dass in vielen Teilen der Welt bei Menschen, die in abgeschiedenen Regionen, etwa in zerklüfteten Bergregionen des Himalaya oder Papua-Neuguineas oder versprengten Dörfern in Afrika, in kleinen Gruppen (und mit eigenen Sprachen) und dann in einfachsten Verhältnissen leben, gar nicht erst das Bewusstsein aufkommt, man sei ethnisch oder sprachlich bedroht, geschweige denn, man müsse sich und seine Sprache ›retten‹. Hinzu kommt: Wenn diese Minoritäten es wirklich wollten, hätten sie aufgrund ihrer Situation kaum die Mittel und Wege, selbst etwas zustande zu bringen, oder anders: Ein nordamerikanischer Indianer ist bei weitem nicht von den Errungenschaften der Zivilisation abgeschnitten. So konnten Mono-Indianer (in Arizona) eine CD-Rom mit Materialien zur eigenen Sprache produzieren, Papuagruppen jedoch, abseits des Weltgeschehens und unberührt von den Entwicklungen des 21. Jahrhunderts, wie etwa die Dumun, die Kowaki oder Turaka können es ihren amerikanischen Pendants in keinster Weise gleichtun.

Europa und Deutschland

Man mag es kaum glauben, aber Salminen (2007: 205 ff.) listet sage und schreibe 103 Kleinsprachen in Europa auf, alle mehr oder weniger bedroht. Am besten kommen noch u.a das Baskische und das Walisische weg, deren Sprecher im Prinzip alle oben aufgeführten Gegenmaßnahmen durchführen (können), um den Bestand ihrer Sprache zu erhalten.Es mag weiterhin erstaunen, dass mitten im demokratischen Europa ausgerechnet Frankreich damit in Verbindung gebracht wird, dass dort die Behörden dem Bretonischen (wie Walisisch eine keltische Sprache) mit einer gewissen Feindlichkeit gegenübergetreten sind (oder treten), obwohl sich die Lage, so der Autor, etwas gebessert haben soll.

Die europäischen Verhältnisse widerlegen auch z.T. die Schlussfolgerung, dass eine geringe Sprecherzahl zwangsläufig eine ernsthafte Bedrohung darstellt: Eine insulare Isolation wie im Falle des Faröischen ist sogar förderlich: man ist, salopp gesprochen, ›unter sich‹, praktiziert sozusagen unabsichtlich eine Art von »Nachbarschaftsmethode« (siehe oben). Ähnliches gilt z.T. Auch für pazifische Inseln, wo kleine Sprachen sich durchaus behaupten können, es sei denn, dass im Zuge von Urbanisierung (und Durchmischung) oder Abwanderung der Zusammenhalt gestört wird.

Um bei den positiven Beispielen zu bleiben: einem Teil der Saamen (den Nordsaamen) ist es gelungen, in Nordnorwegen eine Halbautonomie zu erringen und ihren Status in Finnland und Schweden zu verbessern. Die Zahl der Sprecher beträgt um die 30.000. Im Gegensatz dazu sind die anderen neun saamischen Varianten (zwischen einer Handvoll und 2000 Sprechern) sehr gefährdet, weil isoliert und nicht organisiert.

Über die einzelnen Aktivitäten der europäischen Sprachminderheiten für den Erhalt ihrer Sprache und Kultur ist nur sporadisch etwas zu erfahren, anders ist es im Falle der in Deutschland angesiedelten Minderheiten, zu denen im allgemeinen das Saterfriesische, Nordfriesische, das Ober- und Untersorbische gezählt werden, letztere als slawische Sprachinseln in der Lausitz. Der Leser sei hier auf die starke Internetpräsenz dieser Sprachgemeinschaften verwiesen.

Es wäre müßig, hier den Unterschied von Sprache und Dialekt zu erörtern, aber es sollte nicht verschwiegen werden, dass natürlich Dialekte im engeren Sinne ohnehin gefährdet sind, also auch deutsche Dialekte. Und auch hier lassen sich alle diagnostischen Prinzipien für die Sprachbedrohung anwenden. Auch der Katalog der Gegenmaßnahmen findet in vielen Fällen seine Verwirklichung, bis hin zum Sprachunterricht in Schulklassen, ganz zu schweigen von Dialektvereinen und Instituten.

Ein ganz besonderer Fall von Revitalisierung

Die weithin bekannte Revitalisierung des Hebräischen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ist mit einem Namen verknüpft: Eliezer Ben Yehuda. Dieser aus Litauen stammende Pionier auf dem Gebiet der Revitalisierung hat es aufgrund außerordentlicher Bemühungen geschafft, die über Jahrhunderte in der Diaspora verstreuten auf dem biblischen Hebräischen basierenden Varianten zusammenzuführen und in einer einheitlichen modernisierten Form zu etablieren.Wie Fellman (1973: 11 ff) gezeigt hat, war das Hebräische in den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts (zu Anfang der Aktivitäten Ben Yehudas) keineswegs eine dem Hethitischen odere Akkadischen vergleichbare tote Sprache. Verstreut über ganz Europa und Nordafrika, in verschiedenen ›Dialekten‹, hatte das Hebräische durchaus viele literarische Erzeugnisse hervorgebracht und auch in Palestina existierte bei den etwa 30.000 Juden (unter osmanischer Herrschaft) neben dem Yiddischen und dem Sephardischen eine palestinensisch-hebräische Sprachform, die Ben Yehuda letztlich als Basis für seine Revitalisierung wählte. In mühevoller jahrzehntelanger Arbeit erweiterte Ben Yehuda das Vokabular der Sprache in großem Umfang, da das »biblische Lexikon« keine Wörter für die Errungenschaften der Neuzeit zur Verfügung hatte. Somit mussten neue Wörter vornehmlich auf dem Hintergrund semitischer Bildungsmuster kreiert werden, etwa zu den Bereichen: Krankheiten, Kleidungsstücke, Lebensmittel, Haushaltsgegenstände, Verkehrsmittel, Pflanzen, Tierarten, Mineralien, chemische Elemente, wissenschaftliche Apparate, Berufsbezeichnungen etc. Für sein Wörterbuch, eher einen Thesaurus, durchforstete Ben Yehuda um die 40.000 Bücher und fixierte schließlich um die 30.000 Wörter, zunächst in Zeitungskolumnen, später in gebundener Form. Die Schätzungen über die letztendliche Zahl der Neologismen schwankt je nach Quellen zwischen 1000 und 4000.

Aus dem Blickwinkel des oben nach Fishman zitierten Katalogs zur Revitalisierung von Sprachen ergibt sich eine interessante Beobachtung. Ben Yehuda hat quasi die in der modernen theoretischen Literatur erörterten Kriterien sowie die in der modernen Praxis umgesetzten Strategien vorweggenommen. Er hat nicht nur das Vokabular registriert und enorm expandiert, er hat zudem in der wichtigsten Domäne, der Familie, nachweislich als erster in Palästina, einsprachig mit Frau und Kindern kommuniziert (unter Vermeidung des Yiddishen und Arabischen), hat in unzähligen Unterrichtsstunden, unterstützt von gleichgesinnten Mitstreitern, sein ›neues‹ Hebräisch unterrichtet, und dies per »Immersionsmethode«, also konsequent einsprachig. Versteht man gemeinhin unter Transmission (siehe oben) den Sprachtransfer von Alt auf Jung, so ist im Rahmen der Yehudaschen Schulprojekte eine ›inverse‹ Variante entstanden: Vor 100 Jahren lief es kurioserweise umgekehrt, denn die jungen Schüler rissen quasi ihre etwas konservativen Eltern (die zumeist zweisprachig waren) mit, also: Transmission von Jung auf Alt.

Als 1948 der Staat Israel gegründet wurde, konnte Hebräisch ohne Komplikationen zur Nationalsprache erhoben werden. Heute gibt es um die 6 Millionen Sprecher und von Sprachbedrohung kann keine Rede sein.


Literatur

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SEIFART, FRANK, Grundfragen bei der Dokumentation bedrohter Sprachen, Arbeitspapier Nr.36, Institut für Sprachwissenschaft, Universität zu Köln, Köln 2000

TSUNODA, TASAKU, Language Endangerment and Language Revitalization. An Introduction, Berlin, 2004

TYRON, DARRELL, The languages of the Pacific Region: The Austronesian Languages of Oceania, in: BRENZINGER, M. (Hg), 2007, S.391-410

WURM, STEPHEN, Threatened Languages in the Western Pacific Area from Taiwan to, and Including, Papua New Guinea; in: BRENZINGER, M. (Hg.), 2007, S.374-390

YAMAMOTO, AKIRA, Endangerde Languages in USA and Canada, in: BRENZINGER, M.(Hg), 2007, S.87-122


APPENDIX

Eine grobe Klassifikation der Sprachen (nicht bis ins Detail gegliedert) nach RUHLEN 1991. Zahl der Sprachen in Klammern

1: KHOISAN <31> (Südafrika)

2: NIGER-KORDOFANISCH <1064>, darin NIGER-KONGO <1032>

3: NILO-SAHARANISCH <138>

4: AFRO-ASIATISCH <241> mit u.a. Berber, Kuschitisch, Semitisch mit Arabisch, Hebräisch, Amharisch

5: KAUKASISCHE <38> , mit Süd-, Nordwest- und Nordostkaukasisch (Dagestan)

6: INDOEUROPÄISCH <144> mit Indo-Iranisch (Hindi, Persisch und Sinti/Roma-Sprachen (!)), Romanisch, Keltisch, Balto-Slavisch, Germanisch, Albanisch, Armenisch, Griechisch

7: URALISCH (Finno-Ugrisch) <24> mit Finnisch, Ungarisch, Estnisch

8: ALTAISCH <63> mit Turksprachen, mongolischen und tungusischen Sprachen

9: KOREANISCH

10: JAPANISCH (Anm: einige Autoren rechnen 9 und 10 zu Altaisch (!)

11: TSCHUKTISCH-KAMTSCHADALISCH <5> in Nordostsibirien

12: ESKIMO-ALEUTISCH <9> wobei Eskimo von Nordkanada bis Grönland

13: DRAVIDISCHE <28>, vornehmlich: Südindien, nicht mit HINDI (Indoiranisch) verwandt (!)

14: SINO-TIBETISCH <258> mit Sinitisch (Mandarin, Kantonesisch) und TIBETO-BURMANISCH <232> mit Newari, Tibetisch, Burmesisch

15: »AUSTRIC« <1175> (mit gewisser Vorsicht zu genießen) mit AUSTROASIATISCH <155> mit Vietnamesisch, Kambodschanisch (Khmer) und AUSTROTHAI (aufgrund einer gemeinsamen rekonstruierten Form für die THAI– <57> und die AUSTRONESISCHEN Sprachen <959>) , davon ›klassisch‹ MALAYO-POLYNESISCH <945> mit WESTERN MALAYO-POLYNESIAN <374> mit Sprachen auf Taiwan, den Philippininen und dem indonesischen Archipel, und CENTRAL-EASTERN <571> u.a. mit OZEANISCH <426> mit weiteren Untergliederungen und den Sprachen Tonganisch, Samoanisch, Fidschi, Hawaianisch

16: INDO-PAZIFISCH (= PAPUA) <731> mit dem TRANS-GUINEA-PHYLUM mit einer ersten Obergruppe, unterteilt in eine MAIN SECTION (darin 12 Untergruppen) und einer EASTERN SECTION (darin 16 Untergruppen) und weiteren 10 Obergruppen. Sprachen: Sentani, Marind, Dani, Koiari, Siroi, Iatmul, Yimas

17: NA-DENE <34> mit u.a. Apache , Navajo. Anm: diese Sprachen sind NICHT mit denen im nächsten Block verwandt:

18: AMERINDISCH (eine relativ umstrittene Gliederung) für 588 Sprachen in Nord-, Mittel- und Südamerika, im Prinzip 6 große Gruppen: I) NORTHERN AMERIND mit drei Untergruppen A) ALMOSAN-KERESIOUAN mit den sog. SALISH – Sprachen, SIOUX mit Dakota und IROKESISCH mit Mohawk, Cherokee B) PENUTIAN (von Westkanada über Kalifornien bis nach Mexiko) mit Chinook, Nez Perce, Choctaw (MUSKOGEE), Mayasprachen (Quiche, Yucatec) C) HOKAN mit u.a Pomo, II) CENTRAL-AMERINDISCH mit u.a UTO- AZTEKISCH mit Nahuatl (Aztekisch), III) CHIBCHA mit dem berühmten Yanomami IV) ANDEN- Sprachen mit Quechua, Aymara V) EQUATORIAL mit u.a. Arawak und VI) GE- PANO-CARIB
Anm: diese und alle anderen Glierungen, bes. auch die der afrikanischen Sprachen, beruhen auf Lexemvergleichen (cognates), wobei eine klare lautliche Rekonstruktion nicht immer ein einheitliches Bild ergibt.

19: ISOLIERTE und UNKLASSIFIZIERTE SPRACHEN <21>, in traditioneller Sichtweise mit Baskisch, Ketisch (Yenissej) und einigen anderen

20: PIGINS und CREOLES <37> mit u.a. Tok Pisin (Neu-Guinea), jamaikanisches Creol etc.

Anm: wie oben geschildert gibt es ständig Versuche, die Zahl der Sprachfamilien durch den Nachweis weiterer Verwandtschaftsbeziehungen zu reduzieren. Neuerliche Ansätze dazu u.a.:
Das Baskische und Ketische (Yenissej) werden mit kaukasischen Sprachen und dem NA-DENE in Verbindung gebracht, wobei am gesichertsten erscheint, dass Ketisch am engsten mit den NA-DENE- Sprachen verwandt ist. Hintergrund ist vor allem auch der Nachweis, dass Amerika von Asien aus in mehreren Wellen besiedelt wurde.