Renate Solbach: Sonnenaufgang

Fazit: Ein Phantasma namens Populismus

›Populismus‹,ein politischer Kampfbegriff zur Bezeichnung von Parteien, die sich der Standardbeschreibung der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten verweigern, auf der die Politik der westlichen Parteien in den vergangenen Jahrzehnten beruhte und teilweise noch immer beruht, droht zum Bumerang für die etablierten Eliten zu werden, sollte es ihnen nicht in einem überschaubaren Zeitraum gelingen, die von jenen benannten Konfliktpotenziale angemessen zu reflektieren und Bewältigungsstrategien zu entwickeln, die einerseits vor ihrem eigenen Wertehorizont bestehen können, andererseits den ›Sorgen und Nöten‹ der eingesessenen Bevölkerungen sowie ihrem Sinn für Herkommen und kulturelle Eigenart eine ebenso pragmatische wie emotionale Heimstätte bieten. Politikversagen – was immer darunter verstanden werden mag – bedeutet mehr als diese oder jene Fehlentscheidung einer amtierenden Regierung. In ihm zeigt sich die spezifische Unfähigkeit erfolggewohnter und routinierter Parteiapparate, sich angesichts einer gewandelten Wirklichkeit ›neu zu erfinden‹, um damit gleichzeitig dem Problemdruck und den Befindlichkeiten des ›populus‹ – dem Bedürfnis der Bevölkerung, sich in der Gestaltung der anstehenden Probleme wiederzuerkennen –, Rechnung zu tragen. Polarisierende Ausgrenzung der Herausforderer hilft da nur in Maßen, als Notoperation, aber nicht als strategisches Konzept.

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Sie sind essenziell für den Betrieb der Seite (keine Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.