von Ulrich Schödlbauer

für Monika Estermann

Der alternde Genosse,
konfrontiert mit der Frage,
ob die Verhältnisse,
die berühmten Verhältnisse
die Bezeichnung ›Diktatur‹ verdienten und ob
die Demokratie noch zu retten sei,
schüttelt heftig das Haupt. Auf die Frage,
wie dies zu verstehen sei,
gibt er Handzeichen: teils-teils.
Damit löst er Verwunderung aus
unter den Seinen.

Der alternde Genosse
liebt den Einspruch nicht,
kommt er von anderer Seite.
Einverstanden mit dem Lauf der Geschäfte,
scheut er den Missbrauch
des kritischen Geistes
durch kritische Geister.
Uneinverstanden mit den Geschäften
seiner Gegner von altersher,
träumt er sich neue.

Der alternde Genosse
versteht die Welt nicht, die ihn versteht.
Der alternde Genosse sieht zweierlei Zukunft voraus
und entscheidet sich für die eigene.
Die andere scheint ihm
zu weit weg von den wirklichen Problemen.
Die wirklichen Probleme scheinen ihm
zu weit weg von den Lösungen.
Die wirklichen Lösungen scheinen ihm
soweit vernünftig zu sein. Wie vernünftig, das entzieht
sich seiner Kenntnis, die ihm, nach seiner Kenntnis,
die richtige scheint.

Der alternde Genosse
hängt einer Partei an, die ihm das Hausrecht entzog.
Der alternde Genosse bewohnt ein Eigenheim
am Rande der Stadt und pflegt seinen Garten.
Läse er seinen Candide, dann verstünde er besser,
wo die Lösungen liegen und warum
keiner sie aufhebt.