Ulrich Schödlbauer

Was hat das mit Ihrem Land zu tun? Eine ganze Menge. Ich kannte jemanden, der die Gewohnheit besaß, jede Meinungsäußerung eines anderen, die er nicht gleich verstand, mit den Worten »übel übel übel« zu kommentieren, gleichsam in Umkehrung des päpstlichen Neujahrssegens: »Pace Pace Pace«. Nein, es lag kein Segen auf dieser Angewohnheit. Wissen Sie, was übel ist? Übel ist es, die Wahrnehmung berechtigter Wähler-Interessen durch die gewählte Regierung als pervers zu bezeichnen, als »Pervertierung berechtigter Wünsche«. Es ist Hetze, was immer man von dieser Vokabel halten mag.

Nimmt man die sozialen Medien als Maßstab, dann fällt ein Gutteil der in den letzten Jahren gegen T gerichteten Ausfälle unter das Stichwort Hetze. Man kann einen Schritt weiter gehen und konstatieren: Nicht weniges davon entpuppt sich, sieht man näher hin, als rassistische Hetze. Patentierte Antirassisten melden sich da zu Wort. Sie schreiben »Gegen Rassismus!« und schon wähnen sie sich stolzgeschwellt auf der richtigen Seite der Geschichte. T kritisiert einen schwarzen Politiker, der ihn mit Schmähreden überzieht? Rassist! T hält eine Wahlrede vor einem Club jüdischer Immobilienhändler und tituliert die Anwesenden, sicher nicht zu ihrem Missvergnügen, als ›harte Burschen‹: Antisemit! So einfach ist das. (Er hat gerade, als erster Präsident dieses Landes, Israels Hauptstadt anerkannt und sich dafür den üblichen Radau eingehandelt: Es fehlte nicht viel und seine Gegner würden ihn auch dafür des Antisemitismus zeihen.) Unangenehm nur, dass mit dem eifernden Antirassismus der Rassismus aus allen Löchern gekrochen kommt, als höre er die Schalmei und müsse ihr unbedingt Folge leisten. Sie sind Eiferer, diese Antirassisten, Eifer weckt Eifer, der Eifer der Antirassisten weckt die rassistischen Eiferer. Es fehlte nicht viel und sie erblickten in T ihren neuen Heiland, jedenfalls unter der Hand. Doch auch sie gehen mit der Zeit. Die meisten Leute pflegen zu hassen, was ihnen die Öffentlichkeit unter die Hand schiebt. So hassen sie also in schönster Eintracht, Rassisten und Antirassisten, siamesische Zwillinge vor dem Herrn, beide gleich unfähig, die Rassenfrage dort liegen zu lassen, wo sie hingehört, auf dem Müll der Geschichte –:

»Na hören Sie. Rassismus finden Sie überall. Er ist eine globale Pest.«

Habe ich das bestritten? Hätte ich das je bestritten?

Ich glaube nicht … nein, ich denke nicht. Auch der Selbsthass, von dem wir gerade sprachen, ist ja eine Art Auto-Rassismus, ein inverser Glaube, in dem die Scham und die Zerknirschung über die Schuld der etwas flächig in Anspruch genommenen Vorfahren, die Demut der Besiegten und die Identifikation mit den Siegern der Geschichte, die rassistische Tat und die negierte ›Rasse‹ zu einem Vorstellungsbrei zusammenfließen, aus dem kein Mensch dieser Welt mehr klug wird. Warum bringe ich jenes Land überhaupt zur Sprache? Ich weiß nicht … es gefällt mir, wie schonungslos die Räder dort ineinandergreifen, die Ihre Welt in Gang halten. Sie folgen mir nicht? Dann bleiben Sie ruhig stehen, wo Sie stehen, und ich rede ohne Sie weiter.

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