Ulrich Schödlbauer

Erinnern Sie sich noch an die Neocons? Dieses finstere konservative Gezücht, das in der kommenden Netz-Weltgesellschaft die Chance witterte, dem Land seine weltbeherrschende Stellung für ein weiteres Jahrhundert zu sichern? Erinnern Sie sich an das kriegerische Jahrzehnt unter ihrer Ägide? Erinnern Sie sich daran, wie sie in freier, offener, demokratischer Wahl von ihren Gegnern besiegt wurden? Das war doch ein ergreifendes Stück Geschichte. Erinnern Sie sich an den strahlenden Friedensfürsten, der damals die Wahl gewann? Erinnern Sie sich an sein Versprechen, so richtig nach dem Geschmack aller zivilgesellschaftlichen Akteure, »to make the world a better place«? Wen frage ich, vielleicht haben Sie’s ihm persönlich zugeraunt. Womöglich hatten Sie sogar die Finger im Spiel, als ihm zu Beginn seiner Amtszeit als eine Art Weltgeist-Hermelin der Friedensnobelpreis umgehängt wurde, damit jeder gleich hinter der Fassade des smarten Predigers mit der Ausstrahlung des guten Jungen von nebenan den allumfassenden ›Erbarmer‹ sehen, schmecken und riechen konnte. Sie sind dem Menschen ein Engel, Humby.

Der König hat zwei Körper, einen sinnlichen und einen übersinnlichen: Wer ihn berühren darf, wird geheilt. So heißt es doch in Ihrer geheiligten Überlieferung oder gehe ich damit falsch? Zum Anfassen war dieser allerdings nie. Ihn anzufassen blieb ein Privileg für Handverlesene. Als er ins Amt gewählt war, schrieb mir ein begeisterter Freund: »Ich möchte mich endlich nicht mehr für mein Land schämen müssen. Ich möchte in einem Land leben wie andere Menschen in ihrem: einem Land unter Ländern

Aber dann … aber dann … erinnern Sie sich doch auch, wie alle, die sich einen Rest ihres Verstandes bewahrt hatten, verwundert irgendwann lesen durften, dass jene finsteren Typen, die Deep-State-Freaks, die Warlord-Amigos und Krisengeldscheffler, dass sie alle, oder fast alle, schwupps, auf dem Schoß des neuen Präsidenten gelandet waren und überhaupt nichts Finsteres mehr von ihnen ausging, stattdessen diese alles überstrahlende Helligkeit? Dieses Sendungsbewusstsein, dieses unglaubliche Sendungsbewusstsein … verbunden mit der magischen Fähigkeit, weltweit die Schafsköpfe für sich einzunehmen, das war doch … das hatte doch … nein? Applaus! Ich hätte es mir denken können. 1:0 für die Liga, Humby. Stammt etwa auch die trotzige Parole, mit der dann T gutgelaunt vor die Kameras trat, aus einem der einschlägig beleumundeten Hinterzimmer, in denen die Ideen nur so sprudeln? Und der Aufschrei dagegen gleich mit? Lustig wäre es. Diese Parolen … sie sind ja nichts Neues, sie liegen allesamt herum, bis jemand sie aufliest und ein Schicksal damit verbindet.

Aber wenn das alles letztlich aus einer Hand stammen sollte, dann wäre den Casino-Herren ein Fehler unterlaufen, ein Riesenfehler: Sie hätten nicht auf Gewinn gesetzt, diesmal nicht, vielleicht aus einer verjährten Schwäche für C heraus, die so lange Jahre gute Dienste geleistet hatte, vielleicht auf Grund einer närrischen Anwandlung von Altmänner-Konkurrenz, so etwas soll es geben. Vielleicht hätten sie einfach nur Spaß an der ideologischen Anschärfung gehabt und nicht rechtzeitig mitbekommen, was sich da anschärfte. Oder haben sie etwas geahnt? Wer war es, der den Mechanismus ausgelöst hat? Sie erinnern sich: Die Frage hat bereits im Lehman-Fall eine gewisse Rolle gespielt. Wer hat begriffen, welchen Riesenfehler T beging, als er im guten Glauben, als Befrieder die politische Bühne zu betreten, seine Kandidatur anmeldete? Hat ihn jemand in seinem naiven Glauben bestärkt, bloß um ihn anschließend ostentativ zu jagen? Falls es so war, so war es ein Fehler von bestechender Konsequenz. Darüber sind wir uns doch einig.

Im übrigen wissen wir: Es gibt solche Kreise nicht.

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